Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 24.11.2021 (Aktenzeichen: VIII ZR 258/19), dass vom Nachbargrundstück ausgehender Baulärm keinen Mangel der Mietwohnung und damit keine Mietminderung begründet.
Der Mieter hatte 2011 eine Wohnung in Berlin neben einer Schrebergartensiedlung angemietet. Ab 2017 wurden auf dem Nachbargelände, das bis dahin als Schrebergartensiedlung genutzt worden war, vier mehrstöckige Wohngebäude mit Unterkellerung und Tiefgarage errichtet. Der Mieter hatte eine 30-prozentige Mietminderung wegen des von der Baustelle verursachten Lärms und Staubs geltende gemacht.
Das Landgericht Berlin (Urteil vom 21.8.2019; Aktenzeichen: 64 S 190/18) hatte die Minderung in gewissem Umfang anerkannt und sich dabei ausdrücklich gegen die in der sogenannten „Bolzplatzentscheidung“ des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29.4.2015; Aktenzeichen: VIII ZR 197/14; siehe Zusammenfassung) zum Ausdruck gebrachte Auffassung gewandt, dass eine Mietminderung wegen Baulärm in der Regel ausgeschlossen sei, wenn der Vermieter selbst, sich aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht gegen die beeinträchtigende Maßnahme wehren könne.
Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Landgerichts Berlin aufgehoben. Er bleibt bei seiner Ansicht. Allein der Umstand, dass beim Abschluss des Mietvertrags keine Baustelle vorhanden ist, führt nicht zu einer stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung, nach der der Vermieter die Haftung für Beeinträchtigungen durch in Zukunft betriebene Baustellen übernehmen will. Wenn es keine konkreten Anhaltspunkte für eine abweichende Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien gibt, richtet sich die Beurteilung der Frage, ob eine Mietminderung wegen Baulärms gerechtfertigt ist, nach den der Verkehrsauffassung und nach den Grundsätzen von Treu und Glauben.
Der Bundesgerichtshof konkretisiert diesen Maßstab auf die Frage hin, was redliche Vertragspartner vereinbart haben würden, wenn sie bei Abschluss des Mietvertrags davon von der Möglichkeit eines bevorstehenden Baustellenbetriebs gewusst hätten. Das Gericht geht sodann davon aus, dass die in den Blick genommenen „redlichen Vertragspartner“ eine Haftungsübernahme des Vermieters für von ihm nicht beeinflussbare Umstände nicht vereinbart haben würden. Dahinter steht der Gedanke, dass der Wohnraummieter in seiner besonders geschützten Position an der Situationsgebundenheit des Mietobjekts teilnimmt und damit von außen einwirkende Beeinträchtigungen, die der Vermieter nicht beeinflussen kann, hinzunehmen hat.