Zweck der Regelungen über die Mietminderung: Die Miete wird dem verminderten Wert der Mietsache angepasst, wenn der vertragsgemäße Gebrauch aufgehoben oder beeinträchtigt wird (Sachmangel). Durch die Minderung soll die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung wieder hergestellt werden. Die Kriterien, nach denen das Vorliegen eines Mangels der Mietsache zu bewerten ist, hängt in erster Linie von den vertraglichen Vereinbarungen zur Beschaffenheit der Mietsache und von allgemein anerkannten Standards zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ab.
Wenn der Mieter beim Vertragsschluss den betreffenden Mangel bereits kannte, kann er deswegen keine Mietminderung geltend machen. Zeigt sich während des laufenden Mietverhältnisses ein Mangel, muss der Mieter den Vermieter darüber unverzüglich informieren. Andernfalls ist eine Mietminderung ebenfalls ausgeschlossen.
Beispielsfälle für eine Mietminderung:
Altlasten: Wenn ein Grundstück vermietet wird, auf dem Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind, so dass davon schädliche Folgen für die Umwelt ausgehen (§ 2 Absatz 5 Bundesbodenschutzgesetz), liegt ein Mangel der Mietsache vor, wenn aufgrund der Bodenbeschaffenheit eine Gesundheitsgefährdung der Mieter zu befürchten ist. Der Nachweis, dass eine solche Gesundheitsgefährdung tatsächlich besteht, ist nicht erforderlich. Es müssen allerdings konkrete Anhaltspunkte vorliegen.
Antennen / Mobilfunk: Wenn bei der Errichtung und dem Betrieb von Mobilfunkantennen die in der Immissionsschutzverordnung vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden, muss der Betrieb solcher Antennen in der Regel hingenommen werden. Ein Minderungsanspruch kommt nur dann in Betracht, wenn aufgrund besonderer Umstände nachgewiesen werden kann, dass trotz Einhaltung der Grenzwerte eine konkrete Gesundheitsgefährdung besteht. Im Hinblick auf die Art der Beeinträchtigung und den Stand der Wissenschaft wird das kaum einmal möglich sein.
Aufzug: Wenn ein vorhandener Aufzug stillgelegt wird, liegt ein Mangel vor. Wenn die Stilllegung nur wenige Tage dauert, kann es sich um einen Bagatellmangel handeln, der nicht zur Mietminderung berechtigt (§ 536 Absatz 1 Satz 3 BGB). Der Mieter einer Erdgeschosswohnung kann die Miete nicht wegen einer Stilllegung des Aufzugs mindern.
Barrierefreiheit: Der Vermieter ist zur Übergabe einer barrierefreien Wohnung nur dann verpflichtet, wenn das gesondert so vereinbart worden ist.
Baumängel: Bauliche Mängel des Gebäudes sind nur dann auch Mängel der Mietsache, wenn sie den Mietgebrauch in optischer oder funktionaler Hinsicht beeinträchtigen. Die Beeinträchtigung des Mietgebrauchs muss nicht zwingend bereits eingetreten sein. Es kann genügen, dass sie unmittelbar bevorsteht, zum Beispiel, wenn ein Dach undicht ist und Feuchtigkeitsschäden drohen.
Die Anforderungen an den vertragsgemäßen Zustand und damit die Voraussetzungen des Minderungsanspruchs hängen von dem dem Mietvertrag zugrunde liegenden Standard ab. Wer eine Wohnung in einem Altbau mietet, kann nicht verlangen, dass der Vermieter Neubauqualität herstellt.
Baumaßnahmen: Baumaßnahmen im oder am Haus stellen grundsätzlich einen Mangel dar, wenn sie den Mietgebrauch beeinträchtigen. Das gilt auch dann, wenn der Mieter mit den betreffenden Maßnahmen einverstanden ist oder sie dulden muss. Baumaßnahmen auf Nachbargrundstücken berechtigen in der Regel nur dann zur Mietminderung, wenn dem Vermieter selbst rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, sich dagegen zu wehren.
Belästigungen: Belästigungen durch andere Hausbewohner oder durch deren Kunden und Besucher können eine Mietminderung rechtfertigen, wenn sie wiederholt auftreten und zu konkreten Beeinträchtigungen führen.
Briefkasten: Wenn dem Mieter kein gebrauchsfähiger, abschließbarer Briefkasten zur Verfügung steht, kann das eine Mietminderung rechtfertigen.
Elektroinstallation: Die elektrischen Anlagen müssen grundsätzlich den geltenden Sicherheitsbestimmungen entsprechen. Allerdings ist es ausreichend, wenn die Anlage den zur Zeit der Errichtung geltenden Bestimmungen entspricht und in dieser Form weiterbetrieben werden darf.
Feuchtigkeit: Feuchtigkeitsschäden berechtigen dann zur Mietminderung, wenn sie nicht schuldhaft vom Mieter verursacht worden sind. Dem Mieter wird insofern meist fehlerhaftes Heiz- und/oder Lüftungsverhalten vorgeworfen. Allerdings muss der Vermieter das Verschulden des Mieters beweisen. Wenn die Ursache ungeklärt bleibt, geht das in der Regel zu Lasten des Vermieters.
Gemeinschaftseinrichtungen: Ein Mietmangel liegt vor, wenn Gemeinschaftseinrichtungen, wie die Hauseingangstür oder die Klingel- und Gegensprechanlage defekt sind. Eingangsbereiche, Grünflächen und andere Gemeinschaftsflächen muss der Vermieter so pflegen, dass der bei Vertragsbeginn bestehende Zustand erhalten bleibt. Außerdem muss er dafür sorgen, dass vom Zustand solcher Gemeinschaftsflächen keine Gefahren ausgehen.
Geruchsbelästigungen: Die üblichen mit dem Wohnen verbundenen Gerüche (Küchengerüche und ähnliches) muss der Mieter hinnehmen. Unzumutbare Geruchsblästigungen durch Tierhaltung in einer Nachbarwohnung oder durch von dort kommenden Zigarettenrauch können einen Anspruch auf Mietminderung rechtfertigen. Wenn der Geruch aus der Wohnung eines Mieters kommt, der wegen Alters oder Krankheit nicht in der Lage ist, Geruchsbelästigungen der Mitmieter zu vermeiden, muss der Vermieter sich darum kümmern und die zuständigen Stellen informieren, ansonsten besteht ein Minderungsanspruch.
Heizung: Wenn der Vermieter zentralbeheizte Räume vermietet hat, muss er dafür sorgen, dass die Anlage funktioniert. Allein die Tatsache, dass nicht alle gemieteten Räume mit einem Heizkörper ausgestattet sind, stellt für sich genommen noch keine Rechtfertigung für eine Mietminderung dar. In den hauptsächlich benutzten Räumen sollte tagsüber eine Termperatur von 20 bis 22° Celsius erreicht werden, in den Nebenräumen 18 bis 20° Celsius. Der Mieter muss die Möglichkeit zur Regulierung der Heizkörper haben. Wenn die genannten Temperaturen über einen längeren Zeitraum hinweg nicht erreicht werden, stellt das einen Mangel der Mietsache dar, der zur Mietminderung berechtigt. Selbstverständlich kann die Miete in den Sommermonaten nicht unter Hinweis auf die fehlende Funktion der Heizungsanlage gemindert werden. Eine unwirtschaftliche Heizungsanlage wird nur in Ausnahmefällen eine Mietminderung rechtfertigen, solange die Mietsache ausreichend beheizt werden kann.
Lärm: Lärmbelästigungen aus Nachbarwohnungen können unter Umständen eine Mietminderung rechtfertigen. Allerdings hängt die Beurteilung im Einzelfall stark davon ab, wer aus welchen Gründen welche Art von Geräuschen verursacht. So mus zum Beispiel Lärm, der durch Kinder verursacht wird, in sehr weitgehendem Maß hingenommen werden, juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=fee66b658515e1500cf836f35b5be8b1&nr=125609&pos=0&anz=1(öffnet in neuem Tab)ohne dass die Miete gemindert werden könnte.
aktuelle Rechtsprechung zur Mietminderung bei Lärmbelästigung:
- Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.4.2015 – VIII ZR 197/14, Bolzplatz
- Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.11.2021 – VIII ZR 258/19, Baustelle (siehe Beitrag)
Höhe der Mietminderung
In welcher Höhe die Miete konkret gemindert werden kann, muss in jedem Einzelfall anhand aller relevanten Umstände individuell geprüft werden. Es gibt Tabellen zu Minderungsquoten, die auf gerichtlichen Einzelfallentscheidungen basieren und im Internet abrufbar sind (ein Beispiel). Diese Tabellen sind für eine grobe Orientierung sinnvoll. Ob und in welchem Umfang eine Mietminderung tatsächlich gerechtfertigt ist, sollte immer einzelfallsbezogen vom Fachmann geprüft werden.