Ein Mietvertrag über Wohnraum kann nach deutschem Recht vom Vermieter in der Regel nicht ordentlich gekündigt werden. Der Vermieter kann einen unbefristeten Mietvertrag über Wohnraum nur kündigen, wenn er einen besonderen Grund für die Kündigung (das Gesetz sagt: ein berechtigtes Interesse) an der Kündigung hat. Die wesentlichen anerkennenswerten Kündigungsgründe sind in § 573 Absatz 2 BGB im Einzelnen benannt:
I. Mietvertrag über Wohnraum: Anerkannte Gründe für die ordentliche Kündigung
1. Schuldhafte nicht unerhebliche Verletzung vertraglicher Pflichten durch den Mieter
Die Pflichtverletzung des Mieters muss zwar erheblich sein, aber nicht so schwerwiegend wie im Fall einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund (§ 543 BGB). Das Gesetz sieht folgendes Stufenverhältnis vor:
unerhebliche Pflichtverletzung | keine Kündigungsmöglichkeit |
erhebliche Pflichtverletzung | ordentliche Kündigung (§ 537 BGB) |
besonders schwerwiegende Pflichtverletzung | außerordentliche Kündigung (§ 543 BGB) |
Die konkrete Bewertung durch die Gerichte ist stark einzelfallabhängig. Hier einige Beispiele, in denen die Kündigung wegen einer erheblichen Verletzung vertraglicher Pflichten als gerechtfertigt angesehen wurde:
- vertragswidrige Hundehaltung trotz Abmahnung (Landgericht Hildesheim, Beschluss vom 28.2.2006 – 7 S 4/06)
- Nichtbeheizen der Wohnung (Landgericht Hagen, Urteil vom 19.12.2007 – 10 S 163/07)
- Entfernung einer Wand ohne Zustimmung des Vermieters (Landgericht Berlin, Urteil vom 3.9.2012 – 67 S 514/11)
- Überbelegung der Wohnung (Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 24.5.2011 – 37 C 5827/10)
- Hartnäckiges Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus (Landgericht Köln, Urteil vom 2.12.2016 – 10 S 99/16)
- Täuschung des Vermieters über teilgewerbliche Nutzung der Mietwohnung (Landgericht Berlin, Urteil vom 17.11.2000 – 64 S 191/00)
- Beleidigung des Vermieters (Landgericht Hamburg, Urteil vom 8.1.1998 – 307 S 192/97)
- wiederholter Zahlungsverzug (BGH, Urteil vom 13.10.2021 – VIII ZR 91/20; siehe Beitrag)
2. Der Vermieter benötigt die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts (Eigenbedarf)
Nicht notwendig ist, dass der Vermieter dringend auf die Wohnung angewiesen ist. Es genügt der nachvollziehbare tatsächliche Wille des Vermieters die Wohnung selbst zu nutzen oder sie einem Angehörigen zu überlasssen, wenn er nicht auf eine ohnehin leer stehende oder frei werdende Wohnung zurückgreifen kann. Bei mehreren Vermietern genügt es, wenn die Räume von einem der Vermieter genutzt werden sollen. Bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen gelten regional Sperrfristen innerhalb derer der Erwerber keine Eigenbedarfskündigung aussprechen kann (in Köln 3 Jahre).
3. Der Vermieter wird durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und würde dadurch erhebliche Nachteile erleiden
Wer sich auf diesen Kündigungsgrund berufen möchte, muss die folgenden vier Tatbestandselemente nachweisen:
- Der Vermieter muss die Absicht haben, die Mietsache anderweitig zu verwerten
- Die Verwertung muss nach den Gesamtumständen angemessen sein
- Der Bestand des Mietverhältnisses muss der Verwertung entgegenstehen
- Im Fall der Hinderung der Verwertung müssen erhebliche Nachteile eintreten
Im Zweifel sind die Nachteile des Vermieters bei Fortbestand des Mietverhältnisses und die Nachteile des Mieters im Fall der Kündigung gegeneinander abzuwägen.
Die Gründe für die Kündigung müssen im Kündigungsschreiben vollständig angegeben werden. Im Kündigungsschreiben nicht angegebene Gründe können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie nachträglich entstanden sind.
II. Mietvertrag über Wohnraum: Außerordentliche Kündigung
Nach § 543 BGB kann jede Mietvertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Das Gesetz nennt folgende Beispiele für das Vorliegen eines wichtigen Grundes:
- Dem Mieter wird der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen
- Der Mieter verletzt die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maß, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Pflichten erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt
- Der Mieter ist für zwei aufeinander folgende Termine mit der Zahlung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete im Verzug oder er ist insgesamt mit einem Betrag im Verzug, der die Miete für zwei Monate erreicht
Wenn der Kündigungsgrund in einer Pflichtverletzung des Mieters liegt, ist regelmäßig eine Fristsetzung oder eine Abmahnung erforderlich. Für den Fall des Zahlungsverzugs gilt das nicht.