Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.1.2022 – XII ZR 8/21

1. Die durch die COVID-19-Pandemie bedingte Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts führt nicht zu einem Mangel der Mietsache im Sinn von § 536 Absatz 1 Satz 1 BGB. Dem Vermieter wird dadurch die vertraglich geschuldete Leistung zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand auch nicht ganz oder teilweise unmöglich.

2. Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Absatz 1 BGB in Betracht.

3. Bei der Prüfung, ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, verbietet sich eine pauschale Betrachtungsweise. Maßgeblich sind vielmehr sämtliche Umstände des Einzelfalls. Daher sind auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile erlangt hat.

Sachverhalt:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von Gewerberaummiete für den Monat April 2020. Die Parteien schlossen im September 2013 einen Mietvertrag über Gebäude und Parkplätze in S. Die Vermietung erfolgte „ausschließlich zu gewerblichen Zwecken zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs“. Seit 1.1.2019 beträgt die monatliche Bruttomiete 7.854 EUR. Zusätzlich trägt die Beklagte als Mieterin im Vertrag näher beschriebene Nebenkosten. Der Mietvertrag (im Folgenden auch: MV) enthält folgende Regelung:

„§ 5 III Wenn die Gas-, Strom- und Wasserversorgung oder Entwässerung durch einen nicht von dem Vermieter zu vertretenden Umstand unterbrochen wurde oder wenn Überschwemmungen oder sonstige Katastrophen eintreten, steht dem Mieter ein Recht auf Mietminderung oder Schadensersatz nicht zu.“

Aufgrund der sich verbreitenden Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18.3.2020 auf der Grundlage von § 28 Absatz 1 IfSG die „Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen“, nach deren Nummer 1 in Sachsen grundsätzlich alle Geschäfte geschlossen wurden, soweit sie nicht unter die in der Allgemeinverfügung ausdrücklich benannten – hier nicht relevanten – Ausnahmen fielen. Diese Allgemeinverfügung trat am 19.3.2020 um 0.00 Uhr in Kraft und wurde ab dem 22.3.2020, 0.00 Uhr von der „Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie Verbot von Veranstaltungen“ des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 20.3.2020 ersetzt, nach deren Nummer 2, übereinstimmend mit der Allgemeinverfügung vom 18.3.2020, Geschäfte grundsätzlich geschlossen wurden, soweit nicht die in der Allgemeinverfügung vom 20.3.2020 formulierten Ausnahmen eingriffen. Aufgrund der genannten Allgemeinverfügungen war das Textileinzelhandelsgeschäft der Beklagten im Mietobjekt vom 19.3.2020 bis einschließlich 19.4.2020 geschlossen.

Nach entsprechender Ankündigung mit Schreiben vom 24.3.2020 zahlte die Beklagte die Miete für den Monat April 2020 nicht und rechnete gegen die Mietzahlungspflicht für die Zeit vom 20. bis 30.4.2020 mit der aus ihrer Sicht überzahlten Miete für die Zeit vom 19. bis 31.3.2020 auf. Die folgenden Mietzahlungen erbrachte die Beklagte vollständig. Das Landgericht Chemnitz (26.8.2020 – Aktenzeichen 4 O 639/20, BeckRS 2020, 42519) hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der Miete für April 2020 iHv 7.854 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hin hat das Oberlandesgericht Dresden mit Urteil vom 24.2.2021 (Aktenzeichen 5 U 1782/20, COVUR Jahr 2021, Seite 212) – nach vorherigem Hinweisbeschluss vom 15.2.2021 (NJW Jahr 2021, Seite 953) – das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte – unter Abweisung der Klage im Übrigen – zur Zahlung von 3.720,09 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt.

Die vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen der Klägerin und der Beklagten hatten Erfolg und führten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung.

Aus den Gründen:

II. 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts, insbesondere des § 313 Absatz 1 BGB, nicht durch Artikel 240 § 2 EGBGB, mit dem die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen eines coronabedingten Zahlungsverzugs des Mieters ausgesetzt wurde, ausgeschlossen ist.

a) Zwar wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe mit Einführung dieser Vorschrift durch Artikel 5 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.3.2020 (BGBl. 2020 I BGBL Jahr 2020 I Seite 569) eine Sonderregelung getroffen, mit der die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Rechte und Pflichten von Mietvertragsparteien abschließend geregelt werden sollten (vgl. Jung BB 2021, Seite 329, 331 f.; Klimesch/Walther ZMR 2020, Seite 556, 557; Landgericht München II 10.2020 – Aktenzeichen 13 O 2044/20, BeckRS 2020, 34263). Die überwiegende Auffassung lehnt mit dem Berufungsgericht eine entsprechende Sperrwirkung des Artikel 240 § 2 EGBGB hingegen ab (ebenso Oberlandesgericht München NJW 2021, Seite 948, 950; Kammergericht COVuR 2021, Seite 409; Oberlandesgericht Frankfurt a. M. NZM 2021, Seite 395, 396 f.; Landgericht Mönchengladbach 2.11.2020 – Aktenzeichen 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731 Randnummer 39; Landgericht München I NZM 2021, Seite 194, Randnummer 53 ff.; MüKoBGB/Häublein, 8. Aufl., EGBGB Art. 240 § 2, Randnummer 6; BeckOGK/Martens, Stand: 1.10.2021, BGB § 313 Rn. 239; BeckOK BGB/Geib, Stand: 1.10.2021, EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 18, 20; BeckOK BGB/Wiederhold, Stand: 1.8.2021, EGBGB Art. 240 § 2 Rn. 10; Brinkmann/Thüsing NZM 2021, Seite 5, 9 f.; Herlitz NJ 2021, Seite 56, 58; Zehelein NZM 2020, Seite 390, 401); Streyl NZM 2020, Seite 817, 823; Warmuth COVuR 2020, Seite 16, 17; Klose NZM 2021, Seite 832).

b) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Entgegen der Ansicht der Kl. lässt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus der Gesetzesbegründung schließen, dass der Gesetzgeber mit Einführung des Artikel 240 § 2 EGBGB die Folgen, die sich aus den umfangreichen hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie insbesondere für gewerbliche Mietverhältnisse ergeben können, abschließend regeln wollte.

aa) Nach seinem eindeutigen Wortlaut enthält Artikel 240 § 2 Absatz 1 EGBGB nur eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters, sofern die Nichtleistung der vom Mieter geschuldeten Mietzahlung allein auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Die Vorschrift geht daher davon aus, dass – anders als bei den in Artikel 240 § 1 EGBGB genannten Dauerschuldverhältnissen – die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung grundsätzlich weiter bestehen bleibt. Regelungen zur Höhe der Miete oder zu sonstigen Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung auf die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung enthält die Vorschrift jedoch nicht. Auch aus der zeitlichen Beschränkung des Kündigungsausschlusses bis zum 30.6.2022 in Artikel 240 § 2 Absatz 4 EGBGB kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Gesetzgeber für die Zahlungspflicht des Mieters eine abschließende Regelung treffen wollte. Die Vorschrift zeigt zwar ebenfalls, dass das Gesetz grundsätzlich von einer fortbestehenden Zahlungspflicht des Mieters ausgeht. Ob der Mieter in dem maßgeblichen Zeitraum jedoch die volle vereinbarte Miete schuldet, folgt daraus nicht.

bb) Auch der Gesetzeszweck lässt nicht darauf schließen, dass Artikel 240 § 2 EGBGB eine abschließende Sonderregelung darstellt, die der Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts entgegensteht.

Zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.3.2020 (BGBl. 2020 I, Seite 569) sah der Gesetzgeber die Gefahr, dass es aufgrund der umfangreichen behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus im März 2020 zu erheblichen Einkommensverlusten bei einer Vielzahl von Menschen kommt, wodurch diese bis zur Aufhebung der Maßnahmen nicht oder nur eingeschränkt in der Lage sein könnten, ihre laufenden Verbindlichkeiten zu begleichen. Dieses Problem sollte dadurch gelöst werden, dass für den Bereich des Zivilrechts ein Moratorium für die Erfüllung bestimmter vertraglicher Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen eingeführt werden sollte, das betroffenen Verbrauchern und Kleinstunternehmern, die wegen der COVID-19-Pandemie ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbringen können, im Zeitraum bis zum 30.6.2020 einen Zahlungsaufschub gewährt (BT-Drs. 19/18110, 1). Entgegen diesem in Artikel 240 § 1 EGBGB niedergelegten Grundsatz hat der Gesetzgeber im Bereich des Mietrechts hingegen von einem Leistungsverweigerungsrecht des Mieters abgesehen und nur das Recht des Vermieters zur Kündigung von Mietverhältnissen wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt, sofern Mietschulden aus dem Zeitraum 1.4.2020 bis 30.6.2020 auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete sollte jedoch im Grundsatz bestehen bleiben (BT-Drs. 19/18119, 35).

Zweck der gesetzlichen Regelung war es, Mieter und Pächter vor dem Verlust ihres Lebensmittelpunkts und ihrer Existenzgrundlage zu schützen, wenn diese unverschuldet durch die Pandemie in Zahlungsverzug geraten sollten. Hätte der Gesetzgeber mit der Einführung von Artikel 240 § 2 EGBGB tatsächlich eine abschließende Regelung im Hinblick auf die Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung treffen wollen, würde sich die Vorschrift jedoch zum Nachteil des gewerblichen Mieters auswirken. Denn dieser wäre auch dann, wenn er die von ihm angemieteten Gewerberäume aufgrund einer hoheitlichen Betriebsschließungsanordnung nicht entsprechend seinem Geschäftszweck nutzen kann, stets zur Zahlung der vollständigen Miete verpflichtet. Das Risiko, während der Pandemie die Mietsache nicht oder nur eingeschränkt nutzen zu können, wäre damit vollständig auf den Mieter verlagert. Artikel 240 § 2 EGBGB, der erkennbar dem Mieterschutz dienen sollte, würde dadurch zu einer Vorschrift, die letztlich dem Schutz des Vermieters dient, dem unabhängig von den Auswirkungen der Pandemiebekämpfungsmaßnahmen auf die Nutzbarkeit des Mietobjekts der Anspruch auf vollständige Miete erhalten bliebe (ähnl. auch BeckOK BGB/Wiederhold, EGBGB Art. 240 § 2, Randnummer 10; BeckOGK/Martens, BGB § 313, Randnummer 240). Dafür, dass der Gesetzgeber eine solche weitreichende Regelung dahin, dass der Mieter während der COVID-19-Pandemie das Verwendungsrisiko allein zu tragen hat, treffen wollte, bestehen keine Anhaltspunkte. Dagegen spricht auch die Kürze der Zeit, in der dieses Gesetzgebungsvorhaben umgesetzt worden ist (vgl. OLG Frankfurt a. M. NZM 2021, Seite 395, 397; MüKoBGB/Häublein, EGBGB Art. 240 § 2, Randnummer 6; Sittner NJW 2020, NJW Jahr 2020 Seite 1169, 1172). Mithin hat der Gesetzgeber nur das von ihm als dringlich identifizierte Problem, dass Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen aufgrund der zu erwartenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen und deshalb die angemieteten Räumlichkeiten verlieren könnten, schnell einer vorübergehenden Lösung zuführen und die Stellung der Mieter im Hinblick auf die Kündbarkeit des Mietverhältnisses verbessern wollen.

cc) Schließlich lassen sich auch der Gesetzesbegründung keine ausreichenden Hinweise dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber die Auswirkung der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie auf Mietverhältnisse abschließend regeln wollte. Zwar ist an mehreren Stellen der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass der Mieter grundsätzlich zur Leistung der Miete verpflichtet bleibt (vgl. BT-Drs. 19/18110, 4, 35 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass ihm damit jede Möglichkeit genommen werden sollte, Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf sein Mietverhältnis und insbesondere auf die Höhe der geschuldeten Miete nach allgemeinen Grundsätzen geltend machen zu können (vgl. Streyl NZM 2020, Seite 817, 823); BeckOGK/Martens, BGB § 313, Randnummer 240.2). Zum einen enthält die Gesetzesbegründung den Hinweis, dass die Mieter „nach allgemeinen Grundsätzen zur Leistung verpflichtet“ bleiben (BT-Drs. 19/18110, 35). Dies deutet bereits darauf hin, dass die allgemeinen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts und des allgemeinen Schuldrechts weiterhin Anwendung finden sollen (aA Jung BB 2021, Seite 329, 331). Zum anderen lassen sich diese Formulierungen auch mit der unterschiedlichen Behandlung von Miet- und Pachtverhältnissen gegenüber anderen Dauerschuldverhältnissen im Gesetz erklären. Denn mit dem Hinweis, dass die Verpflichtung des Mieters zur Mietzahlung bestehen bleibt, wird in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht, dass dem Mieter, abweichend von der Grundregel des Artikel 240 § 1 EGBGB für andere Dauerschuldverhältnisse, kein zeitlich begrenztes Leistungsverweigerungsrecht eingeräumt, sondern nur die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen Zahlungsverzugs eingeschränkt wird (BT-Drs. 19/18110, 35 f.). Zur Höhe der geschuldeten Miete verhält sich die Gesetzesbegründung jedoch ebenso wenig wie zu der Frage, welche sonstigen rechtlichen Auswirkungen die pandemiebedingten Beschränkungen des Wirtschaftslebens insbesondere auf gewerbliche Mietverhältnisse haben sollen.

Letztlich wird in der Gesetzesbegründung als Gesetzeszweck allein die Bestandssicherung des Mietverhältnisses genannt.

2. Ebenfalls zu Recht hat das BerGer. angenommen, dass die Miete in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht nach BGB § 536 Absatz 1 BGB gemindert war, weil die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20.3.2020 beruhende Betriebsschließung nicht zu einem Mangel des Mietgegenstands im Sinn von § 536 Absatz 1 Satz 1 BGB geführt hat.

a) Ob eine staatlich angeordnete Geschäftsschließung wegen der COVID-19-Pandemie einen Mangel der Mietsache darstellt, ist umstritten. Teilweise wird dies mit der Begründung bejaht, die Schließungsanordnung knüpfe unmittelbar an das Mietobjekt und dessen Lage im Epidemiegebiet an und beziehe sich daher nicht auf die persönlichen oder betrieblichen Umstände des Mieters (vgl. Oberlandesgericht Nürnberg 19.10.2020 – Aktenzeichen 13 U 3087/20, BeckRS 2020, 29175; Landgericht Kaiserslautern 13.4.2021 – Aktenzeichen 4 O 284/20, BeckRS 2021, 7514; Jauernig/Teichmann, BGB, 18. Aufl., BGB § 536 Rn. 12 a; BeckOGK/Geib, EGBGB Art. 240 § 2, Randnummer 16; Selk NZM 2021, NZM, Seite 369, 374 ff.; Sentek/Ludley NZM 2020, Seite 406, 410; Krepold WM 2020, Seite 726, 729 ff.; Säcker/Schubert BB 2020, Seite 2563).

Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum lehnt hingegen das Vorliegen eines Mangels im Sinn von BGB § 536 Absatz 1 BGB ab (vgl. OLG München NJW 2021, Seite 948, 94); OLG Karlsruhe NJW 2021, Seite 945 f.; KG COVuR 2021, Seite 409; OLG Schleswig NZM 2021, Seite 605, 607; OLG Frankfurt a. M. NZM 2021, Seite 395 397 f.; Heilmann NZM 2020, Seite 497; Häublein/Müller NZM 2020, Seite 481, 484 f.; Leo/Götz NZM 2020, Seite 402, 403; Zehelein NZM 2020, Seite 390, 392 ff.; Sittner NJW 2020, Seite 1169, 1171; Saxinger ZMR 2020, Seite 1002; Gerlach/Manzke ZMR 2020, Seite 551, 554; Klimesch/Walther ZMR 2020, Seite 353, 354; Zehelein Miete in Zeiten von Corona/Both, § 3 Rn. 18 ff.; Klose NZM 2021, Seite 832, 833 f.). Zur Begründung wird überwiegend darauf abgestellt, dass eine pandemiebedingte Betriebsuntersagung ein Gebrauchshindernis darstelle, das nicht auf Beschaffenheit, Zustand oder Lage der Mietsache beruhe, sondern allein das Verwendungsrisiko des Mieters betreffe.

b) Die letztgenannte Meinung trifft im Ergebnis zu. Die behördliche Untersagung der Öffnung der Filiale der Bekl. stellt keinen Mangel der Mietsache im Sinn von BGB § 536 Absatz 1 BGB dar.

aa) Unter einem Mangel im Sinn von § 536 Absatz 1 Satz 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Mangel in Betracht kommen können. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch eines Mietobjekts entgegenstehen, begründen nach der Rechtsprechung des BGH allerdings nur dann einen Sachmangel im Sinn der §§ BGB § 536 ff. BGB, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (Senat NJW 2017, Seite 1104, Randnummer 15 mwN).

Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen erst während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann auch dies einen Mangel im Sinn von § 536 Absatz 1 Satz 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Denn der Vermieter von Gewerberäumen ist gem. § 535 Absatz 1 Satz 2 BGB lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senat NJW 2011, Seite 3151, Randnummer 8 f. mwN).

bb) Auf dieser rechtlichen Grundlage führt die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 20.3.2020 beruhende Schließung des Einzelhandelsgeschäfts der Bekl. nicht zu einem Mangel der Mietsache im Sinn von § 536 Absatz 1 Satz 1 BGB, weil die mit der Schließungsanordnung zusammenhängende Gebrauchsbeschränkung nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruht, sondern an den Geschäftsbetrieb der Bekl. als Mieterin anknüpft.

(1) Durch Nr. 1 der Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18.3.2020 wurde mit Wirkung zum 19.3.2020 im gesamten Freistaat Sachsen die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen angeordnet, die nicht der Grundversorgung der Bevölkerung dienen. Damit sollte die dynamische Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus eingedämmt werden, um die besonders vulnerablen Personengruppen vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Virus zu schützen und eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Da eine besonders hohe Ansteckungsgefahr dort gesehen wurde, wo es zu einem Zusammentreffen einer Vielzahl von Menschen kommt, sollte durch die Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen, die nicht der täglichen Daseinsvorsorge dienen, eine deutliche Reduzierung menschlicher Kontakte erreicht werden (vgl. Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales u. Gesellschaftlichen Zusammenhalt v. 18.3.2020, 4).

Die mit der Schließungsanordnung verbundene Gebrauchsbeschränkung der Bekl. beruhte damit nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts. Die behördlich angeordnete Geschäftsschließung knüpft allein an die Nutzungsart und den sich daraus ergebenden Publikumsverkehr an, der die Gefahr einer verstärkten Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus begünstigt und der aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt werden sollte. Durch die Allgemeinverfügung wird jedoch weder der Bekl. die Nutzung der angemieteten Geschäftsräume im Übrigen noch der Kl. tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten. Das Mietobjekt stand daher trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung.

(2) Eine Mangelhaftigkeit der Mietsache lässt sich auch nicht damit begründen, dass durch die behördliche Schließungsanordnung faktisch der Zugang zu den Mieträumen für potenzielle Kunden der Bekl. verhindert oder beschränkt war. Zwar ist der ungehinderte Zugang zu den Mieträumen gerade bei der Vermietung von Gewerberäumen Voraussetzung für eine vertragsgemäße Nutzung des Mietobjekts, wenn das dort betriebene Gewerbe auf Kundenverkehr angewiesen ist. Eine Zugangsbehinderung kann daher einen Mangel im Sinn von § 536 Absatz 1 Satz 1 BGB darstellen (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht/Eisenschmid, 15. Aufl., BGB § 536, Randnummer 210 mwN). Um eine Ausuferung des Mangelbegriffs zu verhindern, ist aber Voraussetzung hierfür, dass die Zugangsbeschränkung unmittelbar mit der Lage oder der Beschaffenheit des Mietobjekts in Verbindung steht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn durch Baumaßnahmen der öffentlichen Hand im Umfeld des Mietobjekts der Zugang zu den Mieträumen erschwert ist (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht/Eisenschmid, BGB § 536, Randnummer 210 mwN). Im vorliegenden Fall beruht die Zugangsbeeinträchtigung jedoch nicht auf der konkreten baulichen Gegebenheit der Mietsache, sondern auf einer hoheitlichen Maßnahme, die flächendeckend für alle im gesamten Bereich des Freistaats Sachsen liegenden Geschäfte ein Öffnungsverbot anordnete, die nicht zu den in den Allgemeinverfügungen genannten Ausnahmen zählen. Auf die konkreten Umfeldbedingungen kam es dabei nicht an. Deshalb ist entgegen der Auffassung der Bekl. auch die Belegenheit des Mietobjekts im Pandemiegebiet für die Einordnung als Mangel ohne Bedeutung (vgl. OLG München NJW 2021, Seite 948, 949).

(3) Das Vorliegen eines Mangels im Sinn von § 536 Absatz 1 Satz 1 BGB ergibt sich auch nicht daraus, dass die Mietvertragsparteien im vorliegenden Fall als Mietzweck die „Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs“ vereinbart haben. Der Umfang der mit der Vereinbarung eines Mietzwecks übernommenen Leistungspflicht des Vermieters ist grundsätzlich durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont aus Sicht eines Mieters gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Ohne besondere Umstände, die hier nicht vorgetragen wurden, gehören nur rechtliche Umstände, die die körperliche Beschaffenheit, den Zustand oder die Lage der Mietsache betreffen oder Einfluss auf sie haben, zu der vom Vermieter geschuldeten Leistung (vgl. Streyl NZM 2020, Seite 817, 819). Für öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen, Verbote oder Gebrauchshindernisse, die sich aus betriebsbezogenen Umständen ergeben oder in der Person des Mieters ihre Ursache haben, hat der Vermieter hingegen ohne eine anderslautende Vereinbarung nicht einzustehen (vgl. Günter NZM 2016, Seite 569, 570). Ein redlicher Mieter darf daher das Leistungsversprechen seines Vermieters im Zweifel nicht dahin verstehen, dieser wolle ihm die vereinbarte Nutzung unter allen erdenklichen Umständen gewährleisten (Häublein/Müller NZM 2020, Seite 481, 484).

Deshalb konnte im vorliegenden Fall die Bekl. nicht davon ausgehen, dass die Kl. mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie übernehmen wollte (vgl. OLG München NJW 2021, Seite 948, 949).

(4) Entgegen der Auffassung der Bekl. ergibt sich ein Mangel der Mietsache im Fall der pandemiebedingten Schließung von gewerblich genutzten Mieträumen auch nicht aus der Rechtsprechung des RG.

Zwar hat das RG (RGZ 87, Seite 277, 280; RGZ 89, Seite 203, 205) in Fällen, in denen die Durchführung von Tanzveranstaltungen wegen des Ersten Weltkriegs polizeilich untersagt worden war, für eine gepachtete Gastwirtschaft, in der vorwiegend Tanzveranstaltungen durchgeführt wurden, das Vorliegen eines Mangels bejaht. Nach Auffassung des RG hat das polizeiliche Tanzverbot den Pachtgegenstand selbst betroffen. Denn dieser sei der Eigenschaft einer Tanzwirtschaft beraubt worden und deshalb mit einem die Tauglichkeit zu der vertragsgemäßen Nutzung mindernden Fehler im Sinn von § 537 BGB alte Fassung behaftet.

Diese Rechtsprechung kann auf den vorliegenden Fall indes nicht übertragen werden, weil ihr noch ein anderes Verständnis des mietrechtlichen Mangelbegriffs zugrunde lag (vgl. OLG Frankfurt a. M. NZM 2021, Seite 395, 397 f.). Zwischenzeitlich hat der BGH seine Rechtsprechung zum Vorliegen eines Mangels im Sinn von § 536 Absatz 1 Satz 1 BGB insbesondere bei öffentlich-rechtlichen Gebrauchsbeschränkungen fortentwickelt und hierbei gerade im Bereich der Vermietung von Gewerberäumen verstärkt die grundsätzliche Risikoverteilung zwischen Vermieter und Mieter in den Blick genommen (vgl. Senat NJW 2011, Seite 3151, Randnummer 9 mwN). Hinzu kommt, dass das RG die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage, über die ein interessengerechter Ausgleich zwischen den Mietvertragsparteien bei Einschränkung der Nutzbarkeit der Mietsache infolge von höherer Gewalt wie Kriegsereignissen oder einer weltweiten Pandemie erreicht werden kann, erst zu einem späteren Zeitpunkt entwickelt hat (vgl. RGZ 100, Seite 129, 132 f.; MüKoBGB/Finkenauer, BGB § 313, Randnummer 23 mwN; Streyl NZM 2020, Seite 817, 819).

3. Die Bekl. ist auch nicht deshalb von ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung befreit, weil der Kl. ihre vertraglich geschuldete Leistung zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand ganz oder teilweise unmöglich gewesen wäre (§ 326 Absatz 1 BGB, § 275 Absatz 1 BGB). Dabei kann dahinstehen, ob diese Regelungen auch dann nach der Überlassung der Mietsache an den Mieter nicht mehr anwendbar und von den speziellen Regelungen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts (§§ 536 ff. BGB) verdrängt werden, wenn die Mietsache – wie hier – keinen Mangel aufweist (vgl. dazu MüKoBGB/Häublein, BGB Vorb. § 536, Randnummer 7; BeckOGK/Bieber, BGB § 536, Randnummer 9; Staudinger/Emmerich, BGB, 2021, BGB Vorb. §§ 536 ff. Rn. 5). Wie bereits ausgeführt, war es der Kl. während des streitgegenständlichen Zeitraums trotz der behördlichen Schließungsanordnung nicht unmöglich, der Bekl. den Gebrauch der Mietsache entsprechend dem vereinbarten Mietzweck zu gewähren. Die Kl. hat daher auch während der Zeit der Betriebsschließung die von ihr gemäß § 535 Absatz 1 BGB geschuldete Leistung erbracht. Eine Einstandspflicht für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Fall einer Pandemie hatte sie nicht übernommen.

4. Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt allerdings ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Absatz 1 BGB in Betracht. Dies hat das BerGer. im Ausgangspunkt zutreffend erkannt; seine Erwägungen zu einer möglichen Vertragsanpassung sind jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Gemäß § 313 Absatz 1 BGB kann eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

aa) Durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden Beschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens hat sich die Geschäftsgrundlage für den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag schwerwiegend geändert.

(1) Nach der Rechtsprechung des BGH wird die Geschäftsgrundlage eines Vertrags durch die bei Vertragsabschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen der Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände gebildet, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (vgl. BGH NJW 2012, Seite 1718, Randnummer 26 mwN).

Unstreitig hatte keine der Parteien bei Abschluss des Mietvertrags im Jahr 2013 die Vorstellung, während der vereinbarten Mietzeit werde es zu einer Pandemie und damit verbundenen erheblichen hoheitlichen Eingriffen in den Geschäftsbetrieb der Bekl. kommen, durch die die beabsichtigte Nutzung der Mieträume eingeschränkt wird. Aufgrund der vielfältigen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie Geschäftsschließungen, Kontakt- und Zugangsbeschränkungen und der damit verbundenen massiven Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland während des ersten Lockdown im Frühjahr 2020 ist im vorliegenden Fall die sog. große Geschäftsgrundlage betroffen. Darunter versteht man die Erwartung der vertragsschließenden Parteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht etwa durch Revolution, Krieg, Vertreibung, Hyperinflation oder eine (Natur-)Katastrophe ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde (MüKoBGB/Finkenauer, BGB § 313, Randnummer 17; Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl. 2021, BGB § 313 Rn. 5; OLG München NJW 2021, Seite 948, 949 f.; KG COVuR 2021, Seite 409; OLG Frankfurt a. M. NZM 2021, Seite 395; Häublein/Müller NZM 2020, Seite 482, 486 f.; Zehelein NZM 2020, Seite 390, 398; Streyl NZM 2020, Seite 817, 821; Warmuth COVuR 2020, Seite 16, 18). Diese Erwartung der Parteien wurde dadurch schwerwiegend gestört, dass die Bekl. aufgrund der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlassenen Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18.3.2020 und 20.3.2020 ihr Geschäftslokal in der Zeit vom 19.3.2020 bis einschließlich 19.4.2020 schließen musste.

(2) Dafür, dass bei einer zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie behördlich angeordneten Betriebsschließung die tatsächliche Voraussetzung des § 313 Absatz 1 Satz 1 BGB einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage erfüllt ist, spricht auch die durch Artikel 10 des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht vom 22.12.2020 (BGBl. 2020 I Seite 3328) eingefügte Vorschrift des Artikel 240 § 7 EGBGB. Danach wird vermutet, dass sich ein Umstand im Sinn des § 313 Absatz 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert hat, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind (vgl. Klose NZM 2021, Seite 832, 835).

Zwar wird im Schrifttum vereinzelt die Auffassung vertreten, die Vorschrift, die zum 31.12.2020 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 14 II des Gesetzes), entfalte eine echte Rückwirkung und könne deshalb auf Sachverhalte, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, nicht angewendet werden (Klimesch IMR 2021, Seite 47).

In der Gesetzesbegründung ist jedoch ausgeführt, dass die Vorschrift auch auf zurückliegende Sachverhalte anwendbar sein soll (BT-Drs. 19/25322, 24). Auch in Rechtsprechung und Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift auf Sachverhalte anwendbar ist, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens abgeschlossen waren, über die aber noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist (OLG Karlsruhe NJW 2021, Seite 945; BeckOK BGB/Siegmund, EGBGB Art. 240 § 7, Randnummer 15; Blatt/Stobbe IMR 2021, Seite 45). Diese Streitfrage kann jedoch dahinstehen. Artikel 240 § 7 EGBGB hat nur einen eng begrenzten Regelungsgehalt. Die Vorschrift beschränkt sich auf die Vermutung, dass bei Mietverträgen über gewerblich genutzte Räumlichkeiten Gebrauchsbeschränkungen infolge von staatlich angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zu einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage führen. Der Regelungsgehalt der Vorschrift bezieht sich damit nur auf das reale Element des § 313 Absatz 1 BGB (BT-Drs. 19/25322, 20), das in den Fällen einer Störung der großen Geschäftsgrundlage ohnehin unproblematisch erfüllt ist. Zu den weiteren Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage verhält sich die Vorschrift nicht (BT-Drs. 19/25322, 20 f.). Insbesondere sagt sie auch nichts darüber aus, ob und gegebenenfalls in welcher Form eine Vertragsanpassung erfolgen soll (BeckOGK/Martens, BGB § 313, Randnummer 247; BT-Drs. 19/25322, 21).

bb) Für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (Senat BGHZ 223, Seite 290 = NJW 2020, Seite 331 = NZM 2020, Seite 54, Randnummer 37 mwN).

Entgegen der Auffassung der Kl. hat die Bekl. im vorliegenden Fall nicht vertraglich das alleinige Verwendungsrisiko für den Fall einer pandemiebedingten Schließung ihres Einzelhandelsgeschäfts übernommen.

Zwar können die Mietvertragsparteien durch eine entsprechende vertragliche Abrede die Risikoverteilung ändern. Ob das der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vertragsvereinbarungen zu ermitteln. Soweit die Kl. meint, vorliegend sei in § 5 Nr. 3 MV eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden, kann dem jedoch nicht gefolgt werden. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut bezieht sich diese Regelung nur auf Mängel- und Schadensersatzansprüche des Mieters. Da Vertragsbestimmungen, mit denen die Mietvertragsparteien die Risikoverteilung abändern wollen, grundsätzlich eng auszulegen sind, kann aus dieser Regelung nicht geschlossen werden, dass die Bekl. über den umfangreichen Verzicht auf mietrechtliche Gewährleistungsansprüche in den von der Vertragsbestimmung erfassten Ereignissen hinaus auch im Fall einer weltweiten Pandemie das alleinige Risiko dafür übernehmen wollte, die Mietsache nicht vertragsgemäß verwenden zu können.

cc) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte kann auch davon ausgegangen werden, dass die Parteien den Mietvertrag mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie bei Vertragsabschluss im Jahr 2013 die Möglichkeit einer Pandemie und die damit verbundene Gefahr einer hoheitlich angeordneten Betriebsschließung vorausgesehen und bedacht hätten. Es ist anzunehmen, dass redliche Mietvertragsparteien für diesen Fall das damit verbundene wirtschaftliche Risiko nicht einseitig zulasten des Mieters geregelt, sondern in dem Vertrag für diesen Fall eine Möglichkeit zur Mietanpassung vorgesehen hätten.

dd) Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Absatz 1 BGB berechtigt jedoch noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 Absatz 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (Senat NZM 2015, Seite 227, Randnummer 19 mwN; BGH NJW 2012, Seite 1718, Randnummer 30 mwN). Deshalb kommt eine Vertragsanpassung zugunsten des Mieters jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn ihm ein unverändertes Festhalten an der vertraglich vereinbarten Miethöhe unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung zumutbar ist (vgl. BGH NJW-RR 2020, Seite 523, Randnummer 20 ff.).

(1) Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können (Senat NJW 2006, Seite 899, 901). Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstands nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senat NJW 2011, Seite 3151, Randnummer 9).

Beruht die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters jedoch auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung für einen gewissen Zeitraum, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus (vgl. OLG München NJW 2021, Seite 948 f.; KG COVuR 2021, Seite 409; Häublein/Müller NZM 2020, Seite 482, 487; Streyl NZM 2020, Seite 817, 822; Warmuth COVuR 2020, Seite 16, 20; Römermann NJW 2021, Seite 265, 268). Die wirtschaftlichen Nachteile, die ein gewerblicher Mieter aufgrund einer pandemiebedingten Betriebsschließung erlitten hat, beruhen nicht auf unternehmerischen Entscheidungen oder der enttäuschten Vorstellung, in den Mieträumen ein Geschäft betreiben zu können, mit dem Gewinne erwirtschaftet werden. Sie sind vielmehr Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die keine der beiden Mietvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Die Art der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wurde zudem von dem Ziel bestimmt, menschliche Kontakte aus Gründen des Infektionsschutzes weitgehend zu reduzieren. Die Maßnahmen waren nach epidemiologischen Gesichtspunkten ausgewählt, knüpften dabei aber grundsätzlich weder an spezifische Eigenschaften des vom Mieter geführten Gewerbebetriebs noch an solche des Mietobjekts an (BeckOGK/Martens, BGB § 313, Randnummer 246). Durch die COVID-19-Pandemie hat sich damit letztlich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung ohne eine entsprechende vertragliche Regelung nicht erfasst wird. Diese Systemkrise mit ihren weitreichenden Folgen hat vielmehr zu einer Störung der großen Geschäftsgrundlage geführt. Das damit verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (KG COVuR 2021, Seite 409; Häublein/Müller NZM 2020, Seite 482, 487); Römermann NJW 2021, Seite 265, 268). Schließlich ging auch der Gesetzgeber bei der Schaffung des Artikel 240 § 7 EGBGB davon aus, dass ohne entsprechende vertragliche Regelungen Belastungen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie regelmäßig weder der Sphäre des Vermieters noch des Mieters zuzuordnen sind (BT-Drs. 19/25322, 21).

Danach hat das BerGer. zu Recht angenommen, dass die pandemiebedingte Schließung von Geschäften nicht allein das Verwendungsrisiko der Bekl. betrifft und ihr daher auch nicht einseitig aufgebürdet werden kann.

(2) Auch wenn die mit einer pandemiebedingten Betriebsschließung verbundene Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache nicht allein dem Verwendungsrisiko des Mieters zugeordnet werden kann, bedeutet dies aber nicht, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen kann. Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf auch in diesem Fall einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (§ 313 Absatz 1 BGB). Eine pauschale Betrachtungsweise wird den Anforderungen an dieses normative Tatbestandsmerkmal der Vorschrift nicht gerecht. Deshalb kommt eine Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht (vgl. auch OLG München NJW 2021, Seite 948, 952; OLG Hamm NZM 2021, Seite 848, Randnummer 79; OLG Karlsruhe NJW 2021, eite 945, 947); Klose NZM 2021, Seite 832, 839; andere Ansicht KG COVuR 2021, Seite 409; OLG Köln NJW-RR 2021, Seite 1218, 1221; Zehelein NZM 2020, Seite 390, 399 f.; Römermann NJW 2021, Seite 265, 269; Säcker/Schubert BB 2020, Seite 2563, 2570; Klimesch/Walther ZMR 2020, Seite 556, 557 f.).

Bei der vorzunehmenden Abwägung ist zunächst von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden sind. Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist (Streyl NZM 2020, Seite 817, 825). Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern.

Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage aber nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemiebedingten Nachteile erlangt hat (OLG München NJW 2021, Seite 948, 952); OLG Karlsruhe NJW 2021, Seite 945, 946 f.; KG COVuR 2021, Seite 409; Häublein/Müller NZM 2020, Seite 482, 489; Zehelein NZM 2020, Seite 390, 401; Saxinger ZMR 2020, Seite 1002, 1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, Seite 178, 179; Klimesch IMR 2021, Seite 47; Güther ZMR 2021, Seite 296). Auch Leistungen einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters können zu berücksichtigen sein (OLG Frankfurt a. M. NZM 2021, Seite 395, 402); Häublein/Müller NZM 2020, Seite 482, 488 f.; vgl. auch den Verhandlungstermin des BGH am BGH 26.1.2021 im Verfahren BGH Aktenzeichen IV ZR 144/21). Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die nur auf Basis eines Darlehens gewährt wurden, bleiben hingegen bei der gebotenen Abwägung außer Betracht, weil der Mieter durch sie keine endgültige Kompensation der erlittenen Umsatzeinbußen erreicht (Häublein/Müller NZM 2020, Seite 482, 489). Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist dagegen nicht erforderlich (KG COVuR 2021, Seite 409; OLG Frankfurt a. M. NZM 2021, Seite 395, 402); Streyl NZM 2020, Seite 817, 824; Römermann NJW 2021, Seite 265, 268).

Schließlich sind bei der gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen (vgl. OLG München NJW 2021, Seite 948, 952).

(3) Dabei obliegt es grundsätzlich der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist (MüKoBGB/Finkenauer, § 313 BGB, Randnummer 135 mwN). Im Fall einer pandemiebedingten Geschäftsschließung muss daher der Mieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Nachteile ihm aus der Betriebsschließung entstanden sind, die ihm eine vollständige Mietzahlung für diesen Zeitraum unzumutbar machen (Saxinger ZMR 2020, Seite 1002, 1007 f.); Tölle/Ehrentreich IMR 2021, Seite 178, 180), und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um drohende Verluste auszugleichen. Behauptet der Mieter, keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich um mögliche Hilfeleistungen vergeblich bemüht hat. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten (Häublein/Müller NZM 2020, Seite 481, 489). Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast (BeckOGK/Martens, BGB § 313, Randnummer 251).

Auf dieser Grundlage hat das Gericht in tatrichterlicher Verantwortung und unter Berücksichtigung von § 287 ZPO für den konkreten Einzelfall die Voraussetzungen des § 313 BGB festzustellen und gegebenenfalls eine Vertragsanpassung vorzunehmen.

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Auffassung des BerGer., im vorliegenden Fall sei der Mietvertrag dahingehend anzupassen, dass die Bekl. für die Zeit der Geschäftsschließung nur die hälftige Miete schuldet, nicht frei von Rechtsfehlern.

Das BerGer. hat verkannt, dass die Frage, ob dem Mieter ein Festhalten an dem Vertrag zumutbar ist, auch im Fall einer pandemiebedingten Geschäftsschließung eine konkret auf den Einzelfall bezogene Abwägung aller relevanten Umstände erfordert, die nicht durch eine pauschale Aufteilung der Miete ersetzt werden kann. Deshalb lässt sich die vom BerGer. vorgenommene Absenkung der Kaltmiete um 50% nicht mit der gegebenen Begründung rechtfertigen, die mit der pandemiebedingten Geschäftsschließung verbundenen Belastungen seien gleichmäßig auf beide Mietvertragsparteien zu verteilen, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt habe. Das BerGer. hätte vielmehr tragfähige Feststellungen dazu treffen müssen, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung in dem streitgegenständlichen Zeitraum für die Bekl. hatte und ob diese Nachteile ein Ausmaß erreicht haben, das eine Anpassung des Mietvertrags erforderlich macht. Deshalb durfte das BerGer. es auch nicht dahinstehen lassen, ob die Bekl. für die Zeit der Geschäftsschließung entsprechende staatliche Hilfen erhalten hat oder hätte erhalten können. Die Bekl. hat zwar in den Instanzen vorgetragen, ihr seien keine staatlichen Unterstützungsleistungen zugeflossen. Die Kl. hat diese Behauptung jedoch – auch noch im Berufungsverfahren – bestritten. Hinzu kommt, dass die Bekl. nur die Miete für April 2020 ausgesetzt und die weiteren Mieten im Jahr 2020 vollständig bezahlt hat. Auch dies hätte für das BerGer. Anlass sein müssen, sich die Frage vorzulegen, ob der durch die Geschäftsschließung entstandene Umsatzrückgang tatsächlich so erheblich war, dass der Bekl. die vollständige Zahlung der Miete für den streitgegenständlichen Zeitraum unzumutbar war.